17 Wochen WG mit Garmin Coach Jeff

Das Problem

Der erste Corona-Lockdown hat meine sportliche Motivation gekillt.

Zusätzlicher Stress in der Arbeit und 100% Homeoffice hat mir noch zusätzlich weitere Ausreden für Abstinenz gegeben. Meinem Trainings-Pace und VO₂ Max konnte ich förmlich beim sinken zusehen.

Wie also neue Motivation schöpfen?

Bei mir funktioniert das zuverlässig unter folgenden Bedingungen:

  1. Was im Kalender steht wird erledigt.
  2. Was neu ist ist interessant.

Die Lösung

Und genau, in die Kerbe schlägt der Garmin Coach Plan. Hierbei wird virtueller Coach ausgewählt, der einen bis zum Renntag in Höchstform bringt.

Ich habe mich hier schnel für Jeff Galloway entschieden. Nicht weil mir er oder seine Herangehensweise "Run-Walk-Run" sympathisch waren, sondern schlichtweg weil er mir mit 3 Workouts pro Woche das geringste Pensum versprach.

Natürlich gilt es die letzte Bestzeit zu schlagen. Hier kommt für mäßig ambitionierte Läufer wie mich schon die erste herausforderung, denn die Garmin Pläne reichen egal auf welcher Distanz nur bis 04:22/km. So habe ich den schnellsten Wettkampf-Pace gewählt den der digitalen Coach zu bieten hatte.


Somit ist Jeff für 17 Wochen auf meinem Smartphone eingezogen und hat mich gechoacht. 

Wie das so läuft

Eines vorweg, man sollte sich nicht von Jeffs netten Worten und dem Äußeren täuschen lassen... auch wenn die Trainings anfangs sehr easy von der Hand gehen verlangt Jeff alles von seinem Schützling.

Das Training setzt sich aus einer Handvoll verschiedener Einheiten zusammen. Manche davon sind und bleiben über die Trainingsdauer gleich im Ablauf und viele davon sind auch sehr sehr leicht zu absolvieren. Andere steigern oder ändern sich ohne Vorwarnung. Es empfiehlt sich daher auch wenn das Workout 5 Mal den selben Ablauf hatte jedes mal zu kontrollieren, denn er kann sich spontan ändern.

Besonders hart waren die "Speed Repeats" mit intensiven Intervallen von 800 Metern in schnellst möglicher Zeit, gefolgt von 3 minütigem Gehen. Das nennt sich bei Jeff dann "Rund Walk Run". Dieses Training beginnt am Anfang des Plans mit 3 Wiederholungen und steigert sich zum Ende des Trainingsplans auf höllische 16 Intervalle.

Motivation

Der Trainer hat es geschafft mich bei jedem Wind und Wetter motiviert zu halten und Kilometer zu sammeln. Zum einen kann man die einzelnen Einheiten im Kalender verschieben oder wenn sie mal gar nicht passen schlicht ausfallen lassen. Der Plan wird dann neu berechnet. Das ist besonders praktisch bei anstehenden langen Läufen, wodurch weniger Frust entsteht als bei einem starren Plan.

Die kurzen/einfachen Einheiten von 20 Minuten sind  schnell absolviert und geben einem das positive Gefühl etwas erledigt zu haben.

Die von Jeff geforderten 32 Kilometer Distanztraining haben mich weiter als je zuvor und in neue Gefilde laufen lassen. Diese bisher unbekannten Sphären waren hart zu erreichen und kosteten Zeit wie Planung aber ich habe mich jedes Mal besonders darauf gefreut eine neue Himmelsrichtung zu erkunden.


Der Coach berechnet immer 3-4 Workouts im Voraus und begleitet mit kurzen mehr oder weniger hilfreichen Artikeln zum Thema Laufen bis zum Tag 0.

Wettkampf-Tag

Mangels Wettbewerb habe ich für einen Halbmarathon trainiert den es nicht gab. Anfangs war ich mir noch nicht sicher aber irgendwann will man dann trotzdem wissen was man an Leistung abrufen kann. Die erreichte VO₂ Max-Steigerung während des Plans um 3 Punkte hat mir hier nur noch zusätzliche Motivation verschafft.


Wie organisiert man einen Halbmarathon im Lockdown? Ich habe mir dafür von einer S-Bahn-Haltestelle in Halbmarathon-Distanz eine Route zurück nachhause geplant. Mit Baby-Wetter-Lotion eingecremt habe ich mich so am 13. Februar bei Minusgraden in den Zug gesetzt und vor Drücken des Start-Knopfs mein isotonisches Getränk geleert.
Die einzige Labstation mit 400ml Getränk und Fruchtmus wartete 11 Kilometer vom Ziel auf einem Parkplatz auf mich. Danach musste ich nur noch die 100 Höhenmeter sammeln um bergab ins Ziel einlaufen zu können.


Der Raceday verläuft sehr unspektakulär aber es macht Spaß und Schmerz die trainierte Leistung abzurufen. Mit meiner Zeit habe ich nicht vollends das geplante Ziel erreicht aber zumindest die letzte Marathon-Zeit um 20 Sekunden (insgesamt) unterschritten.

Was ich sehr traurig fand, Jeff wartet im Ziel nicht mit Lob, sondern verschwindet einfach zurück in sein digitales Nirvana. Eventuell war er nicht sehr zufrieden mit meiner Leistung...